Zweite Coronawelle erfasst Nepal im Mai 2021

19. 05. 2021

Letzte Woche meldet sich Sudip per Telefon aus Ramechhap. Zwei Wochen nach unserer letzten Meldung ist leider genau das eingetreten, was viele befürchtet haben: Ähnlich wie im Nachbarland Indien hat nun die zweite Coronawelle auch Nepal erfasst und wütet seitdem erbarmungslos in dem kleinen Himalayastaat.  

 

Sudip berichtet, dass die Bevölkerung in den letzten 2 Wochen förmlich überrollt wurde von den Entwicklungen. Die Infektionszahlen schossen plötzlich von täglich einigen Hunderten auf einige Tausende in die Höhe, und auch die Sterberate in allen Altersgruppen stieg um ein Vielfaches. Besonders die eng besiedelten städtischen Gebiete wie das Kathmandu-Tal, aber auch die über 1000 km lange Grenzregion zu Indien sind wieder am stärksten betroffen. Die Regierung handelte sofort, schloss alle restlichen Schulen und erweiterte den Lockdown auf alle Provinzen.

 

Das Land  war darauf nicht vorbereitet, wie auch in Indien hatte man sich zu früh in Sicherheit gewähnt. Es fanden bereits wieder politische und religiöse Massenveranstaltungen statt. Aus wirtschaftlicher Verzweiflung waren unterdessen viele der Wanderarbeiter wieder nach Indien zurückgekehrt, um das dringend benötigte Einkommen zu verdienen, das sie und ihre Familien vor der sonst drohenden Hungersnot schützen sollte. Diese Arbeiter strömten nun ein zweites Mal zurück in die Dörfer, leider dieses Mal ohne das Minimum an Schutzmaßnahmen wie Quarantäne  und Tests zu befolgen, und trugen so das Virus mitten rein in die Kommunen. Die medizinische Versorgung ist jetzt in vielen Regionen völlig außer Kontrolle geraten, die Krankenhäuser sind komplett überfüllt, es werden keine Patienten mehr aufgenommen, es fehlt an Betten, Ausrüstung und lebenswichtigem Sauerstoff. Das medizinische Personal ist überfordert, leistet Übermenschliches und bringt sich selbst in Infektionsgefahr. Die seit Januar angelaufene Impfkampagne ist ins Stocken geraten, einerseits durch den Lockdown, andererseits, weil Nepals größter Lieferant Indien wegen der eigenen Notsituation die Versorgungshilfe ausgesetzt hat und bereits zugesagte Hilfslieferungen der Weltgemeinschaft nicht schnell genug nachkommen.

 

Sudip hat es gerade noch geschafft, einige Tage zuvor der gefährlichen Lage in Kathmandu zu entfliehen und sich und seine Familie in Sukajor/ Ramechhap in Sicherheit zu bringen. Er bleibt jetzt bis auf Weiteres im Haus seiner Eltern, die gesamte Familie isoliert sich so gut wie möglich zu Hause, um einer Infektion zu entgehen. Denn auch in Sukajor gibt es nun leider vereinzelte Fälle von Infektionen und keinerlei angemessene medizinische Versorgung. Mehr als auf irgendeinen Schutz von außen, setzen die Menschen auf Vernunft und Eigenschutz und bleiben so gut es geht auf Abstand. Viel zu spät aber immerhin versucht die Regierung jetzt auch auf den ländlichen Gebieten durch verstärktes Testen von Haus zu Haus die weitere Verbreitung einzudämmen.

 

Da die Gaiyashwori Grundschule wieder geschlossen wurde, liegt nun auch unser Tagesmahlprojekt erstmal auf Eis. Das Lehrerkollektiv, der Koch sowie alle Kinder sind zu Hause bei Ihren Familien. Laut Sudip und Herrn Saroj waren beim letzten Kontakt noch alle wohlauf und von einer Infektion verschont. Aber es ist schwer zu sagen, ob das so bleibt, wie es weitergeht, auch wie die generelle Versorgungslage der Familien aussieht. Nicht alle Eltern der Kinder sind telefonisch erreichbar, Hausbesuche sind derzeit verboten. 

 

Auch unser neues Sanierungsprojekt, die Renovierung der Schulküche, kann leider aufgrund der Situation nicht wie geplant im Juni starten und muss bis auf Weiteres verschoben werden.

 

Die Lage in Nepal ist sehr ernst und bleibt angespannt. Wir werden weiter eng mit Sudip und unserem Partnerverein in Verbindung bleiben, um zu erfahren, wie sich die Sache entwickelt, was für Sorgen und Nöte die Menschen aus unserer Projektregion möglicherweise ereilen werden und welche Hilfe unter Umständen benötigt wird.

 

Unter dem folgenden Link sind einige aktuelle Fotoeindrücke der Nepalesischen Tageszeitung „Himalayan Times“ zu finden, die für sich selbst sprechen : https://thehimalayantimes.com/photo-gallery/covid19

 

Unsere Gedanken sind bei unseren nepalesischen Freunden und Partnern in Nepal. Wir wünschen allen Menschen dort Schutz und Kraft, und dass Sie gesund durch diese schwere Zeit kommen.
 
Namaste!
 
2021-05 Meldung

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